Sorry Leute, aber was ich hier und in diversen anderen Freds dieses Forums zum Thema "Gerät zum Gummifischangeln" lese, ist teilweise hanebüchener Unsinn.
Das Fischen mit Gummifischen auf Raubfische wurde ursprünglich für das Süßwasserfischen auf Hecht, Zander, Barsch & Co. entwickelt.
Mittlerweile hat fast jeder Norwegenfahrer diverse Gufis in seinen Kisten. Teils, weil er bereits gute Erfahrungen im Salzwasser mit diesen Ködern gemacht hat und teils, weil er immer wieder liest, wie gut mit diesen Kunstködern gefangen wird, und da will man sich natürlich nicht um die guten Fangaussichten bringen und den Trend mitmachen.
Das da immer wieder Einsteiger Fragen zum Thema haben, ist nur natürlich. Diesen Leuten dann zum Beispiel den Einsatz einer 0,25er Monofilen zu empfehlen, ist mit Verlaub fahrlässig und nebenbei auch unter "fachlichen" Gesichtspunkten einfach nur unsinnig. In die gleiche Richtung laufen Empfehlungen, die ich sogar in den Unterlagen von Reiseveranstaltern finde, die den Einsatz einer 0,08 mm "schwachen" (ich vermeide hier ganz bewusst den Ausdruck "starken") geflochtenen Schnur empfehlen.
Ich unterstelle Niemandem, andere Kollegen
bewusst in die Irre zu führen. Anscheinend gibt es eine Unmenge an Halbwissen, das dann wieder an die Kollegen hier im guten Glauben weiter gegeben wird.
Erst die Einführung der geflochtenen Schnur hat im Süßwasserbereich das Fischen mit Gummiködern entscheidend weiter entwickelt. Die Möglichkeit, einen Kunstköder trotz großer Entfernung zur Rute mit Gefühl zu führen, im Falle eines Bisses den Anschlag bis ins Maul des Räubers (das beim Hecht z.B. auch noch extrem hart ist!) durch zu bringen wurde erst durch den Einsatz geflochtener Schnur möglich und sinnvoll.
Ich kenne heute viele Raubfischangler, die die Monofile völlig aus ihrem Gerätepark gestrichen haben.
Dabei hat die Industrie in ihrem Bestreben nach Marktanteilen ihren Produkten immer größere Tragkräfte angedichtet, die auch über die so genannten "Fachzeitschriften" bedenkenlos dem Endverbraucher, nämlich uns Anglern, vorgegaukelt werden.
Ich werde nicht müde, es zu schreiben: Bei den allermeisten geflochtenen Schnüren sind die Tragkraftangaben gelogen! Damit nicht genug sind bei den meisten Produkten auch die Durchmesserangaben reine "Werbeangaben", die ebenfalls ins Reich der Fabel gehören!
Der Hersteller der sehr guten (aber leider auch entsprechend teueren) Stroft GTP macht das schon seit Jahren nicht mehr mit. Er gibt keine Durchmesser mehr an und die angegebenen Tragkräfte entsprechen (wie bei einigen wenigen Produkten von Mitbewerbern) tatsächlich der Realität.
Wir sollten daher
nie wenn es um geflochtene Schnüre geht, Durchmesserangaben diskutieren sondern immer von erforderlichen Tragkräften für die jeweilige Angelmethode reden.
Geflochtene Schnüre sind deutlicher sichtbar als Monofile!
Eine nicht zu widerlegende Tatsache.
Dies führt dazu, dass in extrem klaren Gewässern (z. B. den Talsperren des Ruhrverbandes im Sauerland) Vorkehrungen nötig sind, damit der wobblererfahrene Hecht(der u. U. bereits mehrfach auf Wobbler "geschleppt" und anschließend releast wurde) erneut auf Kunstköder beißt.
Welche Möglichkeiten es gibt und wie die Montagen aussehen könnt ihr ausführlich in meinen Berichten im DAF lesen:
http://www.deutschland-angeln.de/showthread.php?t=5869
http://www.deutschland-angeln.de/showthread.php?t=5828
Diese "Erfahrungen", die Hechte und Zander in ihrem Leben sammeln, werden in der Regel bei Salzwasserfischen nicht entstehen können. Nicht, weil deren IQ geringer ausfällt, sondern aus dem schlichten Grund, weil Salzwasserfische in den seltensten Fällen releast werden.
Trotzdem gibt es Gründe, die gegen die Verwendung von extrem starken geflochtenen Schnüren beim Salzwasserfischen sprechen. Da ist zunächst die große Angriffsfläche, die bei starker Drift dazu führt, dass leichte Köder aufgrund zu dicker Schnur nicht mehr den Grund erreichen, bzw. ihn erst im schrägen Winkel zum Boot erreichen, was natürlich nicht erwünscht ist. Weiterhin führt eine zu dick gewählte Schnur dazu, dass ein kleiner Gummifisch, z.B. 10 cm lang, versehen mit einem leichten Jigkopf, z.B. 20 Gramm, nicht mehr erfolgreich präsentiert werden kann.
Die dicke, steife Schnur engt dann logischerweise eine natürliche Bewegung des kleinen Gummifisches stark ein.
Ein weiterer Schwachpunkt der geflochtenen Schnüre liegt in ihrer großen Empfindlichkeit gegenüber scharfen Kanten, wie sie gerade im Bereich fängiger Muschelbänke, bzw. an Steinkanten zu finden sind. Hat die Geflochtene in diesen Bereichen regelmäßig Grundkontakt, wird sie schnell beschädigt und reißt bei der kleinsten Belastung! Letztlich muss auch der deutlich höhere Preis der Geflochtene bei den Nachteilen aufgeführt werden, kostet sie doch schnell den dreifachen Preis einer guten Monofilen.
Nun gut, die Nachteile hätten wir besprochen, was soll uns denn nun dazu bewegen, trotzdem mit Geflochtener zu fischen?
Ein Wort: Kontakt!
Nur die dehnungsarme Geflochtene ist in der Lage,
alle wichtigen Informationen an den Angler weiter zu leiten. Jeder Grundkontakt wird gemeldet, jeder Fischkontakt kommt im Arm des Anglers an. Ein harter oder ein weicher Grund, alles wird vom erfahrenen Angler festgestellt, wenn der Gufi an einer geflochtenen Schnur angeboten wird.
Der nächste Grund für ihren Einsatz: Aufgrund der geringen Dehnung kommt der Anschlag durch, während er an einem monofilen "Gummiband" über die große Entfernung wirkungslos verpufft.
Und der letzte Grund: Aufgrund ihrer deutlich längeren Haltbarkeit relativiert sich der Anschaffungspreis wieder deutlich!
Was ist zur Gefahr des Ausschlitzens aufgrund der geringen Dehnung zu sagen?
Kann man nicht ganz von der Hand weisen. Da die Geflochtene aber ihre empfindlichen Seiten hat, gibt es ein einfaches aber sehr effektives Mittel, die Geflochtene vor Beschädigung zu schützen und gleichzeitig etwas gegen das Ausschlitzrisiko zu unternehmen: Man schaltet ein paar Meter monofile Schnur vor die Geflochtene!
Einfach und effektiv. Der direkte Grundkontakt wird vermieden, ein kleiner Puffer wird eingebaut und wer glaubt, die deutlichere Sichtigkeit der Geflochtenen vergrämt die Räuber, tut gleich noch etwas, um dieses Risiko auszuschalten!
Nun wird in den seltensten Fällen nur mit einer Schnur auf Räuber gefischt. Das passende Gerät für die Gufi-Angelei umfasst eine Rolle und auch eine passende Rute. Die Rolle muss in der Lage sein, geflochtene Schnur so aufzuspulen, dass sich die Klänge nicht gegenseitig beschädigen, zumal sie sehr stramm aufgespult werden muss. Hier hilft dem Kunden allemal ein Beratungsgespräch mit dem Händler seines Vertrauens. Ein paar Euros mehr ins Gerät zu investieren lohnt sich in vielen Fällen. Die etwas teureren Modelle an Stationärrollen sind in der Regel in der Lage, Geflochtene so aufzuspulen, wie es nötig ist. Die ganz billigen Stationärrollen überleben den ersten Norwegenurlaub in der Regel eh nicht und doppelt gekauft ist teuer gekauft.
Stark in Mode gekommen ist die Verwendung von Low Profile Baitcasterrollen. Übersehen wird dabei meist, dass diese Rollen nur in Ausnahmefällen salzwasserfest sind. Einen Guide, der die Rollen von Sponsoren "hinterhergeworfen" bekommt, wird das weniger stören. Jemand, der sein Geld sauer verdienen muss, der trotzdem bereit ist, 250,- Euro für eine gute Baitcasterrolle zu investieren, wird es möglicherweise schon stören, wenn die Rolle nach zwei, drei Jahren im Salzwasser nicht mehr nutzbar ist.
Ich fische diese Rollen ebenfalls gerne, aber ausschließlich im Süßwasser!
Stationärrollen der 4000er und 5000er Größe, in Preisklassen von etwa 100,- bis 200,- Euro besitzen in der Regel die erforderlichen Eigenschaften, um auch im Meer mit Gummifischen und Geflochtener den Räubern nachzustellen.
Als Geflecht sollte dabei eine Schnur dienen, die etwa eine Tragkraft von 8 bis 15 kg besitzt. Als Vorschnur kann eine FluoroCarbon eingesetzt werden (in der feineren Variante z.B. eine 0,33er von Byron), oder auch eine ganz normale Monofile, deren Stärke passend zum übrigen Gerät zwischen 0,35 und 0,50 mm liegen kann.
Vom Einsatz einer 0,25er monofilen Hauptschnur rate ich hier in aller Deutlichkeit ab. Es macht nicht nur keinen Sinn, es ist geradezu fahrlässig, wird doch der Abriss eines nur mittelgroßen Räubers geradezu provoziert!
Passend zur Schnur und Rolle muss die Rute gewählt werden. Gummifischangeln erfordert grundsätzlich eine
schnelle Rute! Schnell bedeutet in diesem Fall, dass die Rute nach dem Wurf schnell wieder in ihre gerade Ausgangslage zurückkommt. Ein anderer Ausdruck für schnell ist steif. Nur die Kombination aus dehnungsarmer geflochtener Schnur und einer schnellen Rute macht wirklich Sinn. Nur dann wird wirklich alles, was vorne am Gufi passiert auf direktem Weg an den Angler weiter gemeldet. Dazu gehört Erfahrung. Jede Menge Erfahrung! Die Sache will geübt werden und braucht Geduld.
Und bei dieser Gerätezusammenstellung wird jetzt auch klar, dass eine 0,25er Monofile bei dieser Angelei nichts zu suchen hat. Schnur, Rolle und Rute muss zu einer Einheit werden und den verlängerten Arm des Anglers darstellen. Zu einer 0,25er Mono passt eine parabolische Rute. Ihr Einsatz macht Sinn beim Barsch- oder Forellenangeln.
Im Salzwasser hat dieses Gerät nichts verloren. Dort muss jederzeit mit kapitalen Fischen gerechnet werden. Und diesen sind wir es schuldig, sie waidgerecht zu entnehmen. Ein Drill, der wegen zu schwachem Geräteeinsatz über Gebühr lange dauert ist nicht waidgerecht und fügt den Fischen unnötigen Stress zu.
Ich sage das in aller Deutlichkeit, weil wir Angler es den Gegnern der Fischerei immer wieder leicht machen, uns anzugreifen.
Das muss nicht sein, wenn einige einfache Regeln beachtet werden.
So, und nun werden gleich ganz viele "Spezialisten" kommen, die das alles viel besser wissen und völlig anders sehen. Das stört mich nicht im Geringsten, ich musste aber meine Meinung zu diesem Thema mal etwas ausführlicher darstellen.