Ich melde mich dann auch mal als Privatperson aus dem Krankenexil. Vieles was ich hier lese kann ich gut nachvollziehen und einige Dinge sind schlichtweg falsch und sehr naiv gedacht. Nachdem ich einige Dinge hier gestern Abend gelesen hatte war ich drauf und dran sofort zu antworten, aber das wäre sicherlich zu emotional geworden. Nach einer etwas unruhigen Nacht und dem morgendlichen Gedanken einfach mal auf "Ignoremodus" zu schalten habe ich mich dennoch entschlossen einige Dinge hier mal transparenter zu schildern und auch etwas weiter auszuholen , wenn ich dabei auch mal die Sachebene und korrekte Grammatik verlasse und emotionaler werde, bitte ich mir dies nachzusehen. Es soll auch nicht als Rechtfertigung verstanden werden, nur etwas Licht ins Dinkel bringen - vorausgesetzt man hat Interesse daran.
Seit 1998 mache ich nun diese Sache mit den Angelreisen nach Norwegen, anfangs noch mit ganz viel Spaß und aus dem Hobby heraus hatte ich bei einem kleinen Veranstalter im Sauerländle viele wertvolle Erfahrungen sammeln dürfen. 2002 dann kam das Angebot der Norweger von Din Tur ob ich nicht Interesse hätte eine deutsche Vertriebsagentur zu gründen, lange überlegen musste ich nicht - ich hatte richtig Bock mit Leuten direkt vor Ort an der Basis zu arbeiten. Zusammen mit Matze dann haben wir das Kind großgezogen und haben das Portfolio nach und nach gezielt ausgebaut. Im Vordergrund stand, eigentlich viel zu naiv, immer die Angelei , ich nutze jede Chance um immer auf "Dienstreisen" jegliche Möglichkeit zu nutzen um möglichst viele dicke Fische zu angeln. Söröya war schon fast meine zweite Heimat und meine Frau wurde langsam misstrauisch ob nicht eher eine Blondine dort mein Begierden war statt der dicken Dorsche. Das Portfolio wurde immer größer und mit dem auch unser Team um Matze, Andreas, Sven, Schmiddi, Stefan und letztlich Daggi , die aus den Troll Tours Ruinen "gerettet" wurde. Was wie eine Floskel klingt , erlebe ich jedoch tagtäglich - die vielerorts gepredigte Solidarität wird in unserem TEAM gelebt und dies Tag & Nacht.
Ich schreibe diese Zeilen hier ohne Skript und aus dem Kopf heraus, deswegen möge ich den unstrukturierten Aufbau hiermit entschuldigen.
Vor Corona gab es schon einmal eine Situation, die speziell uns hier bei Din Tur sehr sehr herausgefordert hat. Der langjährige Flugpartner Troll-Tours mit dem wir jedes Jahr im Subcharter viele hunderte bis tausende Gäste gen Norden geflogen haben musste Insolvenz anmelden - ein Schock. Ein Schock deshalb, da es durchaus üblich war die Charterplätze bereits im VORAUS zu zahlen.
Da standen wir also und guter Rat war teuer - Linienflüge waren zu der Zeit alleine von den Flugzeiten her suboptimal, da einige Kunden auch weiterführende Fähren und Transferketten hatten und es schlichtweg nicht passte. Also haben wir versucht tatsächlich einen eigenen Charter für unsere Gäste zu chartern, um unserer "Pflicht" nachzukommen die 1100 erwartungsfrohen Gäste nach Norwegen zu bringen - wohlgemerkt müssten wir den Charter NOCHMAL bezahlen - das gezahlte Geld an Troll Tours war weg.
Wir hätten es uns auch evtl. einfach machen können und auf irgendwelche Paragraphen bezogen wegen Unzumutbarkeit etc. pp den Reisevertrag von unserer Seite aus stornieren können und die Kunden einfach auszuzahlen - dies wäre in der Tat "günstiger" gewesen , abgesehen vom Aufwand allemal. Und jetzt komme ich wieder auf das Team , wir haben uns zusammen mit den Norwegern entschieden dies nicht zu machen.
Alleine aus der emotionalen Verpflichtung gegenüber unseren oft sehr langjährigen Kunden, unseren Partnern vor Ort, den Transferunternehmen, dem guten Ruf der Pauschalreise und letztlich auch damit wir den Leuten auch noch gegenübertreten können. Ich habe selber mit ca. 5 Airlines selber verhandelt eine Charterkette nach Tromsö auszuarbeiten, aber alle haben sie abgewunken. Angler und dazu noch mit Fisch als Gepäck und sooo viel Freigepäck...das geht nicht , zumal die Flugdauer über 3 Stunden beträgt und dazu das Risiko steigt eine quasi Ersatzcrew an Board haben zu müssen um bei Verspätungen noch handlungsfähig zu sein.
Es blieb also nur noch die finale Lösung mit dem Insovenzverwalter von Troll Tours zu erwirken mit der Germania selber verhandeln zu dürfen, die geplante Charterkette direkt verhandeln zu dürfen. Nach einigen Wochen hin und her lag da nun ein nahezu 20 seitiger Chartervertrag vor uns und den Norwegern und die Unterschrift war eine Summe in mittlerer sechsstelliger Summe wert - wir waren erleichtert. Ich bereitete eine Pressemeldung für die Tourismuszeitung FVW am Freitag vor und wir alle waren heilfroh eine tolle Lösung gefunden zu haben....bis zum Montag. Als ich am Montagmorgen meine E-Mails checkte bin ich in Schockstarre verfallen - Germania meldet Insolvenz an ! Schockstarre !
Der Erste der wieder zu Verstand kam war Matze und wir schüttelten uns kurz und mussten wiederum einen Plan ausarbeiten - weiterhin stand für uns die Option einer Absage für die 1100 Gäste nicht im Raum. Wir mussten also den für alle unbequemsten und kostenintensivsten Gang von Linienflügen gehen und ich mache es kurz, an dieser Stelle möchte ich persönlich nochmal Matze und den Jungs in Dresden danken die wirklich Tag & Nacht in Zusammenarbeit mit den Kunden tolle herausfordernde Individuallösungen herausgearbeitet haben - das war eine Mammutaufgabe , die wir auch NUR in Zusammenarbeit mit den KUNDEN bewältigen konnten - hier hat man gemerkt das die Angler tatsächlich als Gemeinschaft anders ticken.
Jetzt werden natürlich wieder einige Leute sagen, na ja...ist ja Euer Job..aber wer mal wirklich hinter die Kulissen alleine bei dieser schweren Herausforderung geguckt hätte , der würde dies zumindest nur abgeschwächt behaupten. Ich wollte Euch nur mal ein Fallbeispiel von vielen hier berichten, da ja selbst meine guten Freunde meinen ich hätte ja den "Traumjob" und würde nur angelnd durch Norwegen fahren. Zugegeben bin ich sehr oft in Norwegen , jedoch eher mit Laptop bei Konferenzen und Meetings statt mit Angel im Boot. Die Leute bei Din Tur haben eine Vision und das war der Beweggrund auch mal etwas exponierte gelegene Ziele ins Programm zu nehmen statt Standardziel XY.
Wir verdienen unseren Lebensunterhalt damit, ja dies ist richtig. Was allerdings hier manchmal für Margen in den Raum geworfen werden lässt mich oft erstaunen. Da wird von Kapitalbildungen geredet und enormen Rücklagen - wer dies als touristisches Unternehmen wirklich im Überfluss hat , der ist entweder gegenüber dem Kunden massiv zu teuer oder bezahlt Partner und Mitarbeiter zu schlecht. Wie Andy ja auch zwischendurch schon anmerkte wird auch viel investiert, nicht nur bei den Partnern in Norwegen die in neue Boote, Motoren ; Plotter, Gefriertruhen, Schwimmwesten, Betten, Geschirr, Trackingsysteme etc pp investieren , auch wir investieren in unser Buchungssystem, Kapitalrücklagen für den Sicherungsschein, Weiterbildungsmaßnahmen, Homepage, Besuche der neuen und alten Reiseziele usw usw.
Ich schweife aber schon wieder ab, ich wollte ja eigentlich was zu der Gutscheinsituation sagen.
Es wurde ja nun schon zigmal erwähnt wie außergewöhnlich diese Situation war und immer noch ist. Im Gegensatz zu früheren Schwierigkeiten wie damals beim Vulkanausbruch in Island und nahezu dreiwöchigen Flugbehinderungen, oder der Insolvenz von Germania, oder bei Pilotenstreiks, oder oder oder....das alles war letztlich halbwegs skalierbar und auch zu berechnen und kompensieren. Die jetzige Situation ist immer noch völlig offen und sicher ist nur das gar nix sicher ist.
Jetzt könnten wir also dahergehen und zur Bank gehen und Summe x abfragen, damit alle Kunden einfach auszahlen und gut ist - alle sind dann happy oder ?
Die TUI macht es ja vor und nimmt sich mal 1,8 Milliarden aus dem großen Topf und dies auch noch mit freundlicher Unterstützung der niedersächsischen Landesregierung.
Dann wird halt alles auf 2021 geschoben, wir sehen uns dann heißt es da immer. Ja wo genau sollen wir uns denn da sehen und mit wem wollen wir denn da nach Norwegen fahren ? Das nicht nur Norwegian Air , SAS und weitere Airlines auf staatliche Hilfen angewiesen sind dürfte ja langsam bekannt sein, nun fliegen denen auch noch die Termingeschäfte zur Kerosinsicherung um die Ohren. Aber auch das wird sicherlich mit staatlicher Hilfe , die wir am Ende eh bezahlen, zu bewältigen sein.
Aber ob 2021 dann noch Anlagenbesitzer Norweger XY nicht nur die Lust, sondern die finanzielle Power hat ist zumindest diskutabel.
Die Gutscheinlösung kam deshalb auf, weil unter anderem die Fluggesellschaften den Anfang in der sogenannten Wertschöpfungskette gemacht haben bzw. das Ende. Wurde für ausgefallene Buchungen im März noch eine Erstattung zumindest avisiert , ging auf einmal gar nichts mehr - Ende.
Sprich wenn ich jetzt z.B. eine 8 köpfige Truppe habe mit einem Gesamtreisepreis von fiktiven 12.000 Euro gesamt habe und der Fluganteil 4000 Euro davon beträgt und ich nun erstatte - was passiert dann ? Genau, die 4000 Flocken kann ich abschreiben, weil die Airline nur noch "kulanterweise" namens gebundene Gutschriften verteilt - da werden einfach mal Fakten geschaffen.
Und aus diesen Umständen heraus wurde die Gutscheinlösung als "ÜBERGANGSLÖSUNG" in Betracht gezogen, weil selbst renommierte Reiserechtler der Meinung sind das die vielfach geposteten BGB Paragraphen schlichtweg für so eine ausufernde Pandemie nicht gemacht wurden.
In einigen Nachbarländern wurde dann schnell reagiert und die Gutscheinregelung als Handlungsempfehlung für Veranstalter und Kunden unter gewissen Bedingungen als "hinnehmbar" angesehen. Dies haben wir auch sehr schnell so kommuniziert, damit wir den Kunden überhaupt verlässliche Infos geben können.
In Norwegen wurde in diesem Zusammenhang seitens des Staates die Absicherung solcher Gutscheinlösungen zugesagt.
Nun komme ich also zurück auf ein Thema was auch hier und da immer mal wieder auftaucht und ,ich denke mal, oft der Antrieb ist sein Geld statt Gutschein einzufordern.
Din Tur AS unterliegt u.a. dem Pakkereiseloven und konträr dem deutschen Reisepreissicherungsschein ist Din Tur AS über den Reisegarantiefondet abgesichert , der durch eine extrem hohe Bankbürgschaft abgedeckelt wird - also nicht nur so verglichene Peanuts wie es bei dem Versicherer der Thomas Cook Geschichte gewesen ist.
Deshalb kann ich hier auch besten Gewissens behaupten das die Gutscheine, zumindest bei Din Tur AS, insolvenzversichert sind und nicht WEG ist !
Wie die Gesetzeslage demnächst aussieht kann und will ich nicht beurteilen , deswegen wurde ja die Gutscheinlösung als Übergang angeregt. Es melden sich ja nun auch Kunden bei uns, die vor Ort "privat" gebucht haben und ihrem Geld hinterherrennen , nichts vom Gastgeber vor Ort hören und Tipps von mir wollen wie Sie wieder an Ihr Geld oder eine Gutschrift kommen. Eigentlich bräuchten einige "Privatanbieter" ja auch einen eigenen Sicherungsschein, aber das ist eine anderes Thema. Wir ducken uns nicht weg und stellen uns der Krise und halten die Gutscheinlösung für den richtigen Weg.
Ich habe nun sehr viel, ja eigentlich zu viel Privates hier auch kundgetan und ich will auch langsam zum Ende kommen - aber ich möchte auch sagen das bei allem Verständnis für die Unruhe dieser Tage ein wenig Sachlichkeit und Umsicht geboten ist. Wenn mir nämlich anonym am Telefon bei Nichterstattung mit körperlicher Gewalt gedroht wird, dann hört der Spaß wirklich auf !!
Ich plädiere aus vollster Überzeugung für eine Umbuchung um auch den vielen Partnern vor Ort ein Signal der Hoffnung zu vermitteln, nicht jeder Norweger schwimmt sinnbildlich im Ölgeld. Bewahrt die Ruhe und mit Euch zusammen beobachten wir die Situation Schritt für Schritt. Die Regelung wird sicher so ausgeweitete das bei Nichteinlösung 2021 eine Erstattung erfolgen kann, aber alle Beteiligten müssen nun erstmal abwarten wie sich die Situation überhaupt entwickelt. Ich würde mich persönlich über jede gelebte Solidarität freuen und denke spreche auch im Namen unsere Mitbewerber das wir das alles auch aus und mit Herzblut betreiben.
Gruß Hörmi