C & R, oder: der letzte Blauflossen Thun

bluemarlin54

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Hallo,
ich bin dem C&R nicht abgeneigt (wohl eher das Gegenteil!). Habe da eine kleine Geschichte aus dem Jahr 1992 gefunden und übersetzt. Der Author ist Capt. Paul Lecesse, ein "alter Hase" als Bluefin tuna fisherman.
Die Geschichte ist nur eine Fiktion, aber diese Fiktion ist bereits 19 Jahre alt!Sie handelt zwar von Blauflossen-Thunen, ist aber, ohne Zweifel auch auf jede andere Fischart anwendbar)

Der letzte Blauflossen Thun
Es war mal wieder einer dieser ruhigen Morgen, die auf eine ruhige Nacht
folgen. Keine Neuigkeiten, keine Meldungen. Die Crew der L-2 Interceptor saß
trübsinnig in der verrauchten Kajüte und vertrieb sich ihre Zeit mit endlosen
Poker-Runden, die sich schon über Monate zogen. Buck, der Kapitän, blinzelte
auf seine Uhr. 7:30h, die Hawks (Habichte) müssten jetzt auf Position sein,
dachte er für sich.
Die Hawks waren High Speed Jet Drohnen mit einer Reihe von Fähigkeiten.
Obwohl die USA 1998 ein allgemeines Verbot ausgesprochen hatte, Blauflossen Thun
aus der Luft zu töten, konnte ein Hawk einen einzelnen Thun aus der Luft
lokalisieren, egal, wie tief er schwamm und ihn datenmäßig begleiten, bis die
Interceptor in’s Geschehen eingreifen konnte und der Beute den Fangschuss gab.
Aber in den letzten zwei Wochen hatten die Hawks nichts lokalisiert und die
Saison neigte sich ihrem Ende.
Buck und seine Jungs waren dieses Jahr noch so über die Runden gekommen. Sie
konnten 3 Kills mit so gerade mal 170 Pfund ausgenommenen Thun verzeichnen. Sie
hatten durchhalten können und ihre Chatham, Massachusetts Operation konnte sich
noch „über Wasser halten“. Die Halifax, York und Gloucester Outfitters hatten
schon vor einem Monat aufgegeben, nachdem sie insgesamt nur einen Kill zu
verzeichnen hatten. Gerüchte besagten, dass die Long Island Company noch aktiv
wäre und damit dein der wenigen Gesellschaften von den drei Dutzend wäre, die den Run, den das Scheitern der International Commission of Atlantic Tuna ausgelöst hatte,
überlebt habe. Es war die aufwendigste, umfangreichste und kostenintensivste
Wildtier Jagd der Geschichte.
Dies war nun Buck’s viertes Jahr auf der L-2 und man stufte ihn schon als „alten
Haudegen“ ein. Die drei Jungs waren „Fußvolk“, mehr oder minder Rookies
(Krähen) Rex war der Ingenieur, der das Boot am Laufen hielt und Mädchen für
Alles war, John, der Waffen-Experte und Ron , der „Elektronik-Zauberer, ein
Spezialist für Laser Sonar Verfolgung. Er behauptete von sich, das Geschlecht
eines Thuns schon aus 25 Meilen Entfernung identifizieren zu können.
Es war jetzt 7:50h und die Schicht würde in 10 Minuten zu Ende sein. Dann
würde ein anderes vier Mann Team übernehmen. Plötzlich knisterte der Funk und
meldete einen möglichen Kontakt. Buck kreuzte seine Finger und hoffte, dass es
nicht schon wieder falscher Alarm wäre. Dann meldete sich Hawk27 :“Zielerfassung,
wahrscheinlich Thun, Rasse unbekannt, 140 nautische Meilen, ETA 90 Sekunden.“
Mit der Meldung schrillte der Alarm in der Kajüte auf.
Die starken Turbinen jagten die L-2 aus dem Hafen und über die Mole hinaus.
Buck schob sie auf 20 Knoten und schnappte sich das Intercom Mikrophon: „ Rex,
wie sieht’s aus?“ Die Antwort:“ Wind, östlich, bis zu 20 Knoten, Wellen zwischen 6 bis 8 Fuß, streckenweise Nebel“. Buck wechselte den Kanal:“ Ron, ist alles sauber?“ „ Frei Bahn, Capt.,nur ein russisches Fabrik-Schiff, das gerade Nantucket Harbour erlässt!“
Dann kam eine Computer-animierte Stimme über den Äther:“Kontakt bestätigt.
Geschätztes Gewicht: Eins-Sieben-Fünf Kilogramm. Position: 4356.9 zu 1371.0,
Oberfläche.“
Buck hatte so eine Vorahnung , dass sie von der konkurrierenden Long Island
Station abgehört wurden und umrundete erst Monomoy Island, bevor er so richtig
Gas gab. Die gemeldete Position war 85 Meilen Süd-Ost, so dass er bei einer
Höchstgeschwindigkeit der L-2 von 60 Meilen erst in über einer Stunde in Schuss-Position
kommen würde.
„Ron: kontaktiere Tokyo auf der Company-Frequenz“ orderte Buck über das
Mikro.“Sag ihnen, es ist ein Grander und dass wir uns melden, wenn wir ihn
haben“. Damit löste er den Auktions-Prozess aus, was den Preis möglicherweise in die Höhe gehen
lassen würde und ihm und der Crew einen höheren Anteil am Gewinn sichern würde.
Im Stillen hoffte er, dass dieser Fisch seinen persönlichen Rekord: 35 Millionen Yen, brechen würde. Sein Anteil als Kapitän wäre dann 50.000 $ und jeder von der Crew bekäme 10.000$.
„Neue Meldung vom Hawk, Captain: Wir haben eine neue Position: 4357,5 und
1371.9. Das Ziel ist auf 20 Meter abgetaucht.“
Buck blickte flüchtig auf den Fahrt-Computer und gab die neue Position ein.Entfernung: 40 nautische Meilen; Geschwindigkeit 57 Knoten.
Buck griff wieder zur Gegensprech-Anlage:“Ron, melde Dich, sobald wir Kontakt haben!“ Er wusste, die Meldung würde nicht lange auf sich warten lassen. Ron’s neue Software konnte ein Ziel, so groß oder klein wie ein Bluefish auf 10 Meilen Distanz erfassen.
„Radar Kontakt! Peilung 080 Grad, 31 Meilen. Captain: wir haben Gesellschaft!“
Das war gerade nicht das, was Buck zu hören wünschte! „Ron, kontakte sie
über den offenen Kanal und sag‘ denen, dass der Thun sich unter unserem Hawk
befindet!“ Buck war sich zwar bewusst, dass er den Fisch als Erster erreichen
würde, aber das Long Island Boot konnte die Sache verkomplizieren.
„Sie reagieren und antworten nicht“ meldete sich Ron über die Gegensprechanlage, „ aber, sie halten immer noch drauf….“
Eine halbe Minute verrann. „Sonar Kontakt!“ vermeldete Ron“ Gerade voraus,
11 Meilen, es ist ein Kapitaler!“ John entsicherte die Fern-Schuss Einheit und
lud die Harpune für den Fang-Schuss. „Ziel erfasst“ ließ Ron vernehmen.
Buck schnappte sich das Mikro der Gegensprech-Anlage: „OK, sag dem Hawk, er
soll sich als Köder südwärts bewegen“, Dann wechselte er den Kanal: “Aufgepasst
Rex, 30 Sekunden!“
Plötzlich erschien eine winzige Wasser Fontaine am Horizont. Buck konnte seinen Augen nicht trauen! Das Long Island Boot hatte aus einer Entfernung von 18 Meilen über ihren Sonar-Leitstrahl gefeuert. „Die treffen nie“ dachte er „die verscheuchen ihn nur und bringen ihn zum Abtauchen“.
Buck knirscht mit den Zähnen und schnappte sich das Mikro: „Noch 10 Sekunden, John!“ Er nahm die Geschwindigkeit zurück und die L-2 verlangsamte abrupt auf 30 Knoten. John zog den Abzug. Mit einem ohrenbetäubenden Whoosh und Feuerschweif bahnte sich die Harpune ihren Weg. Buck haute die Gashebel nach vorn und das Schiff beschleunigte, bis der Geschwindigkeitsmesser bei 76.2 Alarm blinkte.
Ron’s aufgeregte Stimme kam über den Lautsprecher: „Ziel steigt, schwimmt
aufwärts, ist erfasst, Bingo! Voll erfasst! Gib’s ihm, John!“ John justierte
die Schaltung und gab auf Knopfdruck 1200 Volt frei, die über die
Harpunenspitze, die sich hinter der Rückenflosse des Thuns verankert hatte in
das Opfer geleitet wurden. Ron’s Bildschirm verschwamm kurzfristig, dann
erschien, in kleinen, grünen Buchstaben die Bestätigung „KILL“.
Das orangefarbene Luftkissen, das mit dem Fisch verbunden war, erschien an
der Wasseroberfläche und löste den Radio-Suchstrahl aus. Buck schwenkte die L-2
nach steuerbord und scannte die Wasseroberfläche. Da war es, etwa eine halbe
Meile voraus. Er nahm die Geschwindigkeit zurück, schaltete den Suchstrahl ab
und gab seiner Erleichterung Luft.
Zehn Minuten später stand die Crew der L-2 um die Eisbox im Back-Heck
versammelt und bewunderte ihren Fang, dessen gelbe Flossen im Sonnenlicht
zitterten. Der Fang war ohne Zweifel: erste Sahne und folgerichtig: Big Fish –
Big Money!
Das Long Island Boot kam längsseits. Seine schweren Turbinen blubberten
leise, als sie abkühlten. Heißes Wasser zischte aus dem Auspuff im Heck und
sandte Schwaden von Dampf in die Luft. Der Kapitän öffnete die Tür des
Steuerstandes, trat an die Reling und nickte: „Glückwunsch!“ rief er, die Hände
zu einem Trichter zusammengelegt. Buck winkte zurück. „Wir haben die ganze
Saison noch keinen Fisch gesehen! Ich schätze, wir geben auf“ rief der Kapitän.
Ohne weiteren Kommentar drehte er sich um und ging zurück in sein Ruderhaus.
Er vertiefte sich in die Schwärze dieser Augen und erkannte. Er konnte
dieses Gefühl nicht begründen, aber er konnte sich ihm nicht entziehen. Es gab
keine Zweifel: Dies war der Letzte seiner Art!
Buck beobachtete wie das Boot aus Long Island beschleunigte, in Gleit-Fahrt überging und im Dunst verschwand. Sein Blick wechselte zu dem Thun, angezogen von diesen großen, starren Augen, die gebrochen in die Unendlichkeit starrten….
Er vertiefte sich in die Schwärze dieser Augen und erkannte. Er konnte dieses Gefühl nicht ergründen, aber er konnte sich ihm nicht entziehen. Es gab keine Zweifel: Dies war der Letzte seiner Art!
 
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