Bericht aus grauer Vorzeit Teil2

SeelachsBenno

Langfjorder
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15 März 2006
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Wunstorf
Okay , Ihr hab es so gewollt :baby: :baby:

Das 1. Angeltag war ja nun schon vorbei. Abends sind wir nicht mehr
raus, die Müdigkeit is nich besser geworden, außerdem wollten wir
am nächten Morgen um 5 Uhr los, um noch 3 Stunden vor dem Früh-
stück zu angeln.
Erstaunlicherweise waren wir tatsächlich kurz nach Fünfe im Boot.
Lars riß den Motor an(der Tank war diesmal dran) und es ging ohne
Probleme los. Die kleine Boje war ja keine Gefahr mehr.
Ich erinnere mich noch gut an diesen Morgen. Es war bedeckt, etwas
windig und lausig kalt.Wohl zwei Grad, immerhin plus.
Wir fuhren einfach quer übern Fjord zum Sägewerk. Etwa 100m
vom Ufer bei ca. 40m Wassertiefe und leichter Strömung Richtung
Langfjord stoppten wir und begannen mit dem Pilken.
Die Kälte war schnell vergessen, denn wir fingen erstaunlich gut.
Landeten erneut neue Fischarten, wie Leng , Lumb und Flügelbutt.
Alles keine Riesen, aber maßig. Das Kleinzeug haben wir damals
immer schon zurück gesetzt.
Wir machten dann erstmal Früstück und danach konnten wir unsere
Filetierkünste verfeinern.
Später ging`s noch mal los. Ich bekam den ersten Bis und der Fisch
ging ab wie´ne Rakete. Zerrte an meiner alten Ostseepilke und selbst
die Bremse der Rolle meldete sich zu Wort. Als der Fisch an der Ober-
fläche erschien war ich eigentlich von seiner Größe etwas enttäuscht.
Ich hatte nach diesen Drill mit einen kapitalen Dorsch gerechnet. Es
war aber nur ein Seelachs von knapp 6 Pfund. Im weiteren Verlauf des
Tages fing ich noch zwei Seelachse dieser Klasse und langsam begann
ich die Kampfkraft dieser "kleinen" Fische zu würdigen.
Am Filetiertisch nachmittags dann die Überaschung, jemand hatte
eine Meerforelle von 9Pfund auf einen schwarzen Twister als Beifänger
gefangen. Jetzt gab´s kein Halten mehr. Die Kisten wurden durchge-
wühlt nach schwarzen Gummi. Zur Not nahm man der Edding für die
Gefrierbeutel und pinselte die japanroten schwarz.
Nach dem Essen liefen alle Boote mit Volldampf in Richtung
Neun-Pfund-Land aus ( schwarze Stange bei den kl. Inseln Nähe
Fähranleger Sölsnes für Ortskundige ).
Und was passiert, es wurde gefangen, erstaunlicherweise nicht auf
schwarzes Gummi und auch keine Meerforellen. Leider nur Dorsch,
Seelachs und Pollack.
Es gab aber schöne Filets. Ja man hatte sich langsam einfiletiert.
A pro pro Pollack Betreuer Franz, ihn würdige ich später noch, sagte,
daß man auf die Tüten mit den Pollack niemals Pollack schreiben solle.
Was :?
Wenn auf der Tüte P o l l a c k steht, ißt das zu Hause bestimmt keiner.
Leuchtet ein ;)

Ab hier werde ich mal nen Schnitt machen, denn es fällt mir schwer
nach fast 14 Jahren den genauen chronologischen Ablauf der Angel-
tage nach zu vollziehen. Ist bei so`n Bericht aus grauer Vorzeit wohl
auch nicht so wichtig.
Auf Franz wollte ich ja noch eingehen. Ganz alte Roms-Hasen werden
ihn wohl noch kennen.
Franz war der Multifuntionär am Romsdalfjord. Busfahrer, Angelbetreuer,
Aushilfskoch und natürlich Meisterangler. :baby: :baby: :baby:
Es kam der Tag an dem ich mit dem Messias mitfahren durfte. Mit
zitternden Knien stand ich auf dem Steg und wartete bis ins Boot
durfte. Franz räumte erstmal das Boot ein. Hier herschte peinlichste
Ordnung. Alles hatte seinen genauen Platz. Auch ich bekam dann
einen zu gewiesen.
Und schon ging´s los. Franz hatte für damalige Verhältnisse die un-
glaubliche Motorleistung von satten 15PS. Mit diesem Höllenapparat
ging es mit beinahe Schallgeschwindigkeit zu Angelstellen, an denen
ich noch nie gewesen war. Im nachhinein muß ich sagen, auch bis
heute nie wieder oft gewesen bin.
Egal. Wir fingen : nichts. Kein Fisch, kein Biss, kein gar nix.
3 Stunden lang an drei oder vier Stellen. Sollten die Kräfte des
Messias erlahmt sein ? :? :?
An der nächsten Stelle (Südseite Sekken) fing Franz dann mit
seiner speziellen Technik im Mittelwasser einige schöne Pollaks.
Ich kam mit meinen Gerät mit dieser Technik nicht zu recht und
fing auch nix.
Ich hörte auf den Messias nach zu eifern, und ließ meinen Pilker
zum Grund.Und siehe da, ich brachte einige Lumbs und Flügel-
butts ins Boot.
Wir fuhren dann noch zur Dorschwiese, und diese machte ihren
Namen alle Ehre, denn wir fingen reichlich Dorsch. Hier fing ich
dann auch meinen größten Fisch der Reise. Eben Dorsch von
immerhin gesunden 8 Pfund. Damit habe ich an diesem Tage sogar
Franz geschlagen. Das war doch was. :baby:
Als die Kiste voll war fuhren wir zurück in den Hafen und Franz
brachte mir das richtige filetieren bei. Dafür bin ich ihm bis heute
noch dankbar.
Es gab ereigneten sich auch einige unschöne Dinge, an denen
ich zum Glück selbst nicht beteilgt war.
Da war zum einen das Chaotenboot, der Name erklärt sich im
folgenden von selbst. Die drei Besatzungsmitglieder haben sich
regelmäßig in die Wolle gekriegt. Jeder wollte immer beim Angel-
platzwechsel in eine andere Richtung. Sie waren wohl manchmal
kurz davor sich die Köppe einzuhauen. Erstaunlich, da zwei der
Chaoten Vater und Sohn waren. Über ihre Fangerfolge hülle ich
lieber den Mantel des Schweigens. 8o
Auf unseren Boot herschte eine ausgezeichnete Harmonie. Es
gab kein Streit oder Mißgunst. Nach dem Filetieren z. B., an
dem sich Georg nach Absprache nicht beteiligte, er kümmerte
sich derweil um das Boot ( Tank aufüllen saubermachen u.ä.)
wurden die Portionen immer aufgeteilt.
Ich möchte auch den armen Kerl erwähnen, der sich beim
Filetieren dermaßen in den Finger schnitt, daß er ins Kranken-
haus nach Andalsnes gefahren werden mußte. Kam mit einem
riesigen Verband zurück und konnte drei Tage nicht Angeln.
;( ;(
Hatte aber seinen Spitznamen weg. Drei-Finger-Joe

Doch zurück zum Fische fangen. Georg, Lars und ich saßen
auf der Veranda vor unserer Hütte ( die haben sogar von der
Veranda aus Fische gefangen, wird mancher jetzt denken )
Nein nicht wirklich :lach
Wir genossen nur die herrliche Aussicht auf den Fjord und
erlagen den Verlockungen des Bieres und anderer alkohlischer
Köstlichkeiten.
Da bemerkten wir, das bei den beiden Anglern, die ihr Glück
von der Hafenmole aus versuchten, Hektik ausbrach. Man konnte
erkennen, daß sich eine Rute im Drill ordentlich krümmte. Der
Kollege rannte zum Boot und holte das Gaff . Kletterte die Stein-
schüttung runter und kam mit einem schwarzen länglichen Fisch
am Haken zurück. Ein Steinbeisser von guter Größe war´s ge-
wesen. Bald darauf drillte auch der Andere und fing einen Nagel-
rochen. :baby: :baby:
Tja manchmal macht auch das Zugucken beim Angeln Spaß.
Stichwort Nagelrochen: auch ich konnte einen fangen, allerdings
vom Boot. Der Drill war eher unspektakulär, etwa als ziehe man
eine Plastiktüte durch´s Wasser. Auch am Boot rührte er sich
nicht. Georg grapschte ins Wasser und schmiß ihn ins Boot.
Mutige Aktion übrigens angesichts der Stacheln. Auch hier
bewegte der Fisch sich nicht. Er war nur knapp gehaktund konnte
ohne Probleme befreit werden. Da keiner von uns wußte, ob der
Rochen küchentauglich war, setzte ich ihn in Wasser zurück.
Und wieder zu nächst keine Reaktion, dann bekann er mit seinen
Flügeln zu schlagen und glitt majestätisch in die Tiefe. Im klarem
Wasser ein schöner und unvergesslicher Anblick, auch weil ich
seit damals keinen Nagelrochen mehr zu Gesicht bekommen
habe.
Nicht vergessen möchte ich von unseren Hüttenmitbewohnern,
den beiden Oberbayern Ebs und Toni zu berichten. Sie waren
schon jahrelang die besten Angelkumpane, ich behaupte sogar,
daß sie so´ne Art Angler-Ehe eingegangen sind. :}
Eines Tages fingen sie einen tollen fast 15 pfündigen schwarzen
Heibutt. Der Butt machte wohl ordentlich Rabbatz und verhedderte
sich in ihre Schnüre, sodaß sie ihn gemeinsam drillten. In einer
guten Ehe wird eben alles geteilt.
Sie hatten schon ein sehr bewegtes Anglerleben hinter sich und so
saßen wir grade in der ersten Woche, wo es früh dunkel und saukalt
wurde, gemütlich in der warmen Stube und hörten ihren Geschichten
ergriffen zu. Es gab Storys über Riesendorsche beim winterlichen
Angeln im Oeresund, Angelurlaube auf Langeland und am kl. Belt,
sowie dem höhepunkt ihrer Anglerehe den Flitterwochen in Russland
im Wolga-Delta. Die Erzählungen von dort überstiegen mein Fassungs-
vermögen um Längen, Wer kann schon von sich behaupten, daß ihm
Kaviar in 10-L-Eimern serviert wurde ?
Desweiteren sollten die vier bierbäuchigen gemütlichen Nürnberger
erwähnt werden, die eines morgens mit Franz loszogen und massen-
haft Heringe fingen , von einer Größe, wie ich sie vorher nie gesehen
hatte.
So gingen die Tage dahin und es kam was kommen mußte, der letzte
Angeltag ging zu Ende. Georg und ich (Lars wollte nicht mehr mit)
hatten auf der Dorschwiese nochmals ordentlich zugeschlagen.
Am nächsten Tag sollte es also nach Hause gehen. Doch zuvor stand
noch der bei Onken übliche gesellige Abschlußabend auf dem Programm.
Es wurde gegrillt und der Pokal für den größten Fisch der Gruppe
wurde überreicht. Er ging, wie ich ja bereits erwähnte, an einem der
beiden alten Marinekämpfer.
Uwe gab seine obligatorische Bier- und Stonsdorferrunde aus und ich
versackte im Laufe des Abends dann völlig.
Von der Rückfahrt habe ich nix mitbekommen, da ich die meiste Zeit
fest schlief. Das erste Mal bin ich in Afarnes eingeschlafen, was er-
staunlich war, da Afarnes ja bekanntlich nur 2km vom Camp Herje
entfernt liegt.
Der Alk läßt grüßen :<-
Zeit für ein Fazit :
Ich war ja nun das erste Mal in Norwegen gewesen und war zutiefst
beeindruckt von der gigantischen Natur und Landschaft. Ich durfte
meine ersten Schweinswale beobachten, sah meinen ersten Seeadler,
die plötzlichen Wetterumschwünge mit ihrem grandiosen Farbspiel,
die Sonnenaufgänge über den Fjord, wurde regelmäßig von den Möwen
zugeschissen, genoß die Ruhe auf dem Wasser ( nach einigen Tagen
wußte ich doch tatsächlich nicht mehr ob es Mittwoch war oder Donners-
tag oder etwa Freitag ?), erinnere mich gerne an der drolligen Nerz, der
in der Steinschüttung des Hafens wohnte und sein Auskommem von
den Fischabfällen der Angler bezog, oder den Austerfischer, der mit
Inbrunst sein Nest verteidigte, aber natürlich auch die Angelei mit
ihrem Artenreichtum, mit meiner Ausbeute war ich auch zu frieden,
durfte neue äußerst nette Angelkollegen kennenlernen. Das alles
und noch viel mehr trug dazu bei, das mein Imunsystem derart
geschwächt wurde, daß der Norwegen-Virus leichtes Spiel
hatte.
Ich hör jetzt lieber auf, sonst falle ich hier noch vor lauter Sehnsucht
vom Hocker.
Dank an alle, die bis hier her durchgehalten haben.
Gruß und Schluß
Euer SeelachsBenno
 
Schöner Bericht-ich hoffe dem Kollege sein Finger ist wieder gut verheilt !!!!
 
Ja das ist das Erte Mal das vergißt man so leicht nicht. Noch dazu wenn man soviel erlebt hat wie Du und den Norgevirus verfallen bist.
Schön geschrieben vielen dank dafür.
 
Danke, tolle Story. Schön das auch andere so ein sch... Immunsystem haben.
 
Das ging runter wie Öl ich hab mich glatt festgelesen .Du warst doch seit dem bestimmt seit dem einige Male in Norge is doch Grund genug noch einen 3. Teil zu verfassen oder?
 
Wunderbar! Ich war gerade geistig wieder am Romsdalfjord. Dort war auch mein erster Angelurlaub und deshalb habe ich diesen tollen Bericht auch so genossen. Vielen Dank fürs Einstellen! :baby:
 
Super geschrieben. Leute noch 12 Tage, dann bin ich im gelobten Land. Mal sehen wie es mit dem Wetter wird.
Ach egal, Hauptsache Norwegen. Jippi
 
Toll, man sieht mal wieder: Organisiert nach Norge ist nicht das Schlechteste.
Und wenns gleich beim ersten Mal so gut läuft, packt einen natürlich der Virus.

Super Beitrag, danke

Dorschhetzer
 
Schöner Bericht, es bestätigt sich doch immer wieder. Das erste mal in Norwegen, hinterläßt einen unvergesslichen Eindruck, auch wenn es schon Jahre zurück liegt.
 
Sehr schöner Bericht! :baby:
Hat Spaß gemacht zu lesen und weckt wieder eigene Erinnerungen!
:<-
 
Benno,

sooo in etwa hab ich mir das vorgestellt.
:}

Ich freue mich schon auf den dritten Bericht über die historischen Begebenheiten
aus Deinem reichen Erfahrungsschatz... :baby:

Merke:
"Wer schreibt, der bleibt...!"


Grüße aus dem Deister
:]
Heiko
 
Klasse Bericht, man liest immer wieder das eine Gruppenreise als erste Tour deutliche Vorteile hat.;)
 
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